Abfindung nach Kündigung – wann steht sie mir zu?

Eine Abfindung soll für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigen. Foto: © Butch / stock adobe

Daimler Truck beabsichtigt, 5.000 Stellen zu streichen, Thyssen Krupp stellt 11.000 Arbeitnehmer frei. Auch bei Banken und bei Siemens fallen tausende Jobs weg. Dies sind wahre Horrornachrichten aus dem ersten Halbjahr 2025.

Ist auch Ihr Arbeitsplatz in Gefahr? Und erhalten Sie für diesen Fall eine Abfindung, um für eine bestimmte Zeit Ihren Lebensstandard halten zu können? Wann steht Ihnen eine Abfindung zu? Tipps zum Thema Abfindung nach Kündigung gibt es in diesem Ratgeber.

Abfindung – was ist das eigentlich?

In großen Unternehmen handelt der Betriebsrat einen Sozialplan aus. Oft setzt er beim Arbeitgeber Abfindungen für die zu entlassenden Beschäftigten durch. Dieser einmalige Geldbetrag soll Arbeiter und Angestellte für den Verlust der Arbeitsplätze entschädigen und die finanziellen Einbußen durch die Arbeitslosigkeit für kurze Zeit ausgleichen. Zudem kann eine Abfindung helfen, die Kündigung als Chance zu sehen und sich beruflich weiterzubilden.

Kein Automatismus bei Abfindungen

Hinter der Zahlung von Abfindungen steckt kein Automatismus. Vielmehr entscheidet der Arbeitgeber selbst, ob er willens und finanziell in der Lage ist, seine Mitarbeitenden wegen Kündigung abzufinden.

Gesetzlicher Anspruch auf Abfindung – gibt es den?

Jedoch ist es gang und gäbe, dass große Unternehmen bei Massenentlassungen ihre Mitarbeitenden durch Abfindungen entschädigen. Sind die Abfindungen Teil des Sozialplans, muss der Arbeitgeber zum Fälligkeitszeitpunkt zahlen – auch wenn er sich dagegen gerichtlich wehrt.

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Wichtig: Keinen Anspruch auf die im Sozialplan festgelegte Abfindung hat ein gekündigter Arbeitnehmer, der versetzt wird oder der bereits bei einem anderen Unternehmen einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat.

In welchem Fall hat der Arbeitnehmer das Recht auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung?

Kündigt ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter betriebsbedingt, kann das nach Paragraf 1 a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) einen Abfindungsanspruch bedeuten. Dieser tritt ein, falls der Arbeitnehmer im Gegenzug bis zum Ende der Kündigungsfrist beim Amtsgericht keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“ einreicht. So steht es im KSchG.

Die betriebsbedingte Kündigung muss jedoch als solche beschrieben sein und auch den Hinweis auf einen Anspruch auf Abfindung enthalten.

Für langjährige Betriebsangehörige fällt der außerordentliche Geldsegen entsprechend hoch aus. Denn für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Ein fiktives Beispiel: Ein Arbeitnehmer gehört seit dreißig Jahren dem Betrieb an. Sein monatlicher Bruttoverdienst lag in den ersten fünf Jahren bei umgerechnet 2.000 Euro. Sein Lohn stieg alle fünf Jahre für weitere 5 Jahre um 200 Euro. Daraus ergibt sich:

>> Jahre 1 bis 5: Halbes Monatseinkommen = 1.000 Euro × 5 Jahre= 5.000 Euro.

>> Jahre 6 bis 10: Halbes Monatseinkommen = 1.100 Euro × 5 = 5.500 Euro.

>> Jahre 16 bis 20: Halbes Monatseinkommen = 1.300 Euro × 5 = 6.500 Euro.

>> Jahre 21 bis 25: Halbes Monatseinkommen 1.400 Euro × 5 =7000 Euro.

>> Jahre 26 bis 30: Halbes Monatseinkommen = 1.500 Euro × 5 = 7.500 Euro.

Daraus ergibt sich eine Gesamthöhe der Abfindung von 37.500 Euro.

Abfindung durch Aufhebungsvertrag – freiwillige Einigung

Sehen beide Parteien keinen Sinn in einer Fortführung des Arbeitsvertrages, halten Sie dieses in einem Aufhebungsvertrag fest. Darin kann sich der Arbeitgeber selbst zu einer Abfindungszahlung bereit erklären. Deren Höhe verhandelt er zuvor mit seinem Arbeitnehmer. Ein Rechtsanspruch auf diese Vereinbarung besteht nicht.

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Abfindung nach Kündigungsschutzklage – Vergleich vor Gericht

Kam es in der Vergangenheit wiederkehrend zu Streitigkeiten und eine dauerhafte Einigung ist nicht absehbar, ist es besser für beide Parteien, sobald sie sich trennen. Tipp: Wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, der sich in den Bereichen Wettbewerbsverbot und Abfindung auskennt.

Oft stellt dies erst der Richter fest, wenn er die Klage des gekündigten Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung verhandelt. In einem solchen Fall bestimmt der Richter unter Berücksichtigung des Paragrafen 9 des Kündigungsschutzgesetzes und nach seinem Ermessen die Höhe der Abfindung. Zudem bestätigt er die Auflösung des Arbeitsvertrages.

Höhe der Abfindung – was ist üblich, was ist möglich?

Üblich ist es, dem Arbeitnehmer pro Jahr seiner Betriebszugehörigkeit einen halben Monatslohn zu gewähren. Da kein gesetzlicher Anspruch besteht, ist die Höhe jedoch Verhandlungssache. Druck üben Arbeitnehmer mit der Androhung einer Klage vor dem Arbeitsgericht auf Wiedereinstellung aus.

Steuerliche Behandlung – was bleibt netto übrig?

Eine Abfindung hat auch einen – zumindest – kleinen negativen Beigeschmack, denn diese müssen Sie als außerordentliche Einkünfte nach Paragraf 34 des Einkommensteuergesetzes versteuern. Dennoch brauchen Sie keine gigantische Steuerlast zu befürchten, denn es gilt die sogenannte Fünftelregelung.

Was ist die Fünftelregelung und was müssen Sie im Jahr 2025 beachten?

„Fünftelregelung“ bedeutet, dass sich die Abfindung steuerlich auf fünf Jahre verteilt. Dieses mildert den Progressionseffekt. Was netto übrig bleibt hängt von Ihrem persönlichen Steuersatz, der Höhe der Abfindung sowie vom sonstigen Einkommen ab. Je niedriger Ihr Einkommen ist, desto mehr Steuern sparen Sie durch die Fünftelregelung.

Bis zum Ende des Jahres 2024 war es die Aufgabe des Arbeitgebers, die Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen. Seit 2025 sind Sie als Steuerpflichtiger gezwungen, selbst darauf zu achten, diese in der Einkommensteuererklärung zu beantragen.

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Versäumen Sie dieses, ergeben sich für Sie Nachteile. Denn die Einkommensteuer ist progressiv – was bedeutet, dass der Steuersatz mit Ihrem Einkommen steigt. Vergessen Sie, die Fünftelregelung zu beantragen, zahlen Sie mehr Steuern als nötig. Positiv: Abfindungen sind nicht sozialversicherungspflichtig

Wann sich das Verhandeln lohnt

Verhandeln über die Höhe der Abfindung kann sich lohnen, falls sich der Arbeitgeber durch die Kündigung angreifbar gemacht hat. Dies ist zu vermuten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so schnell wie möglich loswerden möchte.

Auch bei der Androhung einer Kündigungsschutzklage zeigen sich viele Arbeitgeber verhandlungsbereit. Haben Sie sich im Betrieb über mehrere Jahrzehnte besonders verdient gemacht und werden betriebsbedingt gekündigt, haben Sie gute Gründe, den Arbeitgeber von einer hohen Abfindung zu überzeugen.

Hinweis: Die Klage auf Wiedereinstellung müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung einreichen.

 

Anmerkung der Redaktion: Der Autor dieses Textes ist kein Steuerberater und auch kein Rechtsanwalt, sondern Wirtschafts- und Finanzjournalist. Finanzjournalisten ist rechts- und steuerberatende Tätigkeit per Gesetz untersagt. Der Text dient lediglich der Information von Steuerzahlern und (angehenden) Bauherren oder Immobilienkäufern. Eine Beratung oder gar konkrete Empfehlungen enthält der Text nicht. Diese sind auch nicht beabsichtigt. Obwohl die für den Text verwendeten Quellen als zuverlässig gelten, wird keine Garantie für die Richtigkeit übernommen. Die Ausführungen und Erklärung können und sollen das Gespräch mit einem Steuerberater und/oder Rechtsanwalt nicht ersetzen.

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Verfasst von Hajo Simons

arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater. Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).